KURZE ECKE

As Helga always says: "Kids, drink in moderation, but frequently." 25 years ago, she took over the bar Kurze Ecke from her late husband. The corner pub has long since ceased to fit in with the polished image of Hamburg's Großneumarkt area. The same can be said of its clientele: workers, ex-seamen and pensioners. Today is General Election day. The film documents events in the bar from 9am until the results are announced. Smoke, drink, debate. Some play dice for washing powder and wurst. Then it's time for the first exit polls, let's just hope the TV works. Kurze Ecke is a reminiscence ahead of its time in a place that won't exist for much longer.

Uncontrolled Cinema in einer Eckkneipe in der Nähe des Großneumarkts, Hamburg von 9 bis 21Uhr während der letzten Bundestagswahl.
Nicht nur in Hamburg verändert sich das Stadtbild und damit die Gesellschaftsstruktur rasant. Orte wie die Kneipe Kurze Ecke passen nicht mehr ins Stadtbild, ihr sozialer Wert als Treffpunkt oder Zufluchtsort wird durch den Aspekt des brachliegenden Kapitals verdrängt. Viel hat sich hier bereits verändert, bald wird auch die Kurze Ecke verschwinden und mit ihr ihre Kunden und ihre Erinnerungen.

Technische Daten:
 
95 Min Schwarzweiß, Mono, 2014
Aufnahmeformate: Full HD 16:9
Screeningformat: DCP 
 
Stabliste:
 
Regie,Ton,Schnitt,Produktion: Bernd Schoch
Kamera: Karsten Krause
Musik: Kammerflimmer Kollektief
Tonbearbeitung: Michael Manzke
Farbkorrektur: Tim Liebe
Grafik: Edward Greiner

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"Eine kneipenethnografische Tresenperle" (Jens Geiger)

Bernd Schoch erforschte mit „Kurze Ecke“ den Mikrokosmos einer Kneipe. Knobelbrüder, Tresen-Schnacker, Hamburger Seele. Wunderbar.
Kai Uwe Brinkmann, RuhrNachrichten.de

Ein Tag in der Kneipe – das Konzept leuchtet sofort ein. Und der Filmemacher hat sich auch das richtige Lokal dafür ausgesucht: In der „Kurzen Ecke“ trinken Arbeiter, Seeleute und Rentner ihre Biere. Das Durchschnittsalter ist deutlich über 50 und die Wirtin zeigt auf den Fotos an der Wand die vielen inzwischen verstorbenen oder im Heim gelandeten Stammgäste.
Es wird viel getrunken, geraucht und geredet. Man spielt Karten, knobelt und später gibt es dann mit dem Wahlergebnis willkommenen Gesprächsstoff. Die Filmemacher schauen bei dieser in schönstem Schwarzweiß fotografierten Momentaufnahme so genau hin, als würden sie einen ethnografischen Film über eine fremde, langsam untergehende Kultur machen.
Wilfried Hippen, TAZ

Filme vom Grunde eine Bierglases, Zlatan Alihodzic, Der Westen

"...Schoch hat Zeit mitgebracht, und die nehmen sich auch die Gäste von Wirtin Helga. Lebensgeschichten werden kurz gestreift, zum Beispiel die von der 92-jährigen Else, die bis zuletzt kam und Schnäpse trank. Else kommt nicht mehr, das war es. Andere kommen, erzählen von der Seefahrt, vom Schlaganfall, knobeln um Waschmittel und Fisch. Die Wurst, lautet eine der tiefen Wahrheiten, die man erfährt, ist heute nicht mehr so gut wie früher. Draußen ist Bundestagswahl, das sorgt drinnen für kaum mehr als ein paar brummige Laute. Schoch hat hier ein Paradies entdeckt, in dem allerdings der Herbst ausgebrochen ist..."

September 2013, vormittags bis zum Abend. Eine Eckkneipe in Hamburg nahe Großneumarkt: »Kurze Ecke« heißt das Lokal und der Film von Bernd Schoch. Einfache Leute, wie man sagt, als wären die weniger komplex. Man riecht den Rauch, hört norddeutschen Tonfall. Karten- und Würfelspiele, blinkende Spielautomaten, Theken-Talk, Wimpel und Trophäen an der Wand. Das geht nur in Schwarzweiß – eine Geschichte wie von Wolfgang Kohlhase erdacht oder von Käutner inszeniert in einem poetisch erhärteten Realismus. Große Freiheit, Nummer egal. Das waren noch Zeiten. Die Kamera schaut zu. Zwischendrin werden Wirtin Helga, die in Fotoalben blättert, und ihre Gäste befragt. Wären wir in New York, käme Harvey Keitel vorbei. Hans Albers und Manfred Krug sind ganz nah. Unbehauene Gesichter wie vor 50 Jahren. So oder so ist das Leben. Dass es der Tag der Bundestagswahl ist, erfährt man so nebenbei – der Fernseher läuft, die Berichterstattung wird kommentiert. Aber der Termin ist ein Statement. Sind es doch politische Entscheidungen, die soziale Werte definieren, Entwicklungen lancieren, Milieus verändern. Was vom Tage übrig bleibt: Klarer Sieg für Merkel. »Kommt gut nach Hause, schönen Abend.«
Andreas Wilink, K.WEST

Hingewiesen sei deshalb an dieser Stelle auf die NoBudget-Doku Kurze Ecke, mit der Bernd Schoch der sterbenden Hamburger Eckkneipen-Kultur ein melancholisches, schwarzweißes Denkmal setzt.
Oliver Kaever, Zeit online

Mark Stöhr,Filmfest Hamburg Blog